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Peti und TomX bei Vattenfall Cyclassics dabei

23000 Teilnehmer beim größten Radrennen
Hamburg. TomX und seine Lebensgefährtin Petra, seit kurzem Mitglied unserer Tria-Truppe, haben sich auf den Weg in den hohen Norden gemacht um am einzigartigen Radrennen, dem Vattenfall Cyclassics, teilzunehmen. Wer sich ein paar (oder mehrere Paare ;-) Minuten Zeit nimmt, kann einen sehr amüsant geschriebenen Bericht darüber lesen - und so nebenbei die schriftstellerischen Qualitäten von TomX kennenlernen (Dieter).
Als ich das erste mal den Namen „Vattenfall-Cyclassics“ hörte, dachte ich an einen neuen Getränkehersteller für Mineralwasser. Dass es sich dabei um ein Radrennen handelt, hab ich erst durch einen Blick über den „Google-Infokanal“ bekommen. Petra hatte sich bereits letztes Jahr dafür angemeldet und das war auch eines ihrer Ziele, dieses Radrennen vor dem Besenwagen zu finishen. Hab ich noch gegrinst, als ich das hörte, aber ganz so ohne war die ganze Sache dann doch nicht. Nur als Zuschauer wollte ich auch nicht mit in die große Hansestadt fahren und so hab ich mich auch noch angemeldet. Ganz einfach. Ist ja für jeden etwas dabei. 55, 100 und 155km. Petra wollte 55km fahren und ich hab mich für die 100km entschieden. In einem Anflug von Überheblichkeit hab ich mit den 155km geliebäugelt, aber die Vernunft hat gesiegt und ich hab mir gedacht, dass ich bei einem „richtigen“ Radrennen lieber auf die „kurzen“ 100km zurückgreif. Was auch gut war! Es gab nämlich auch bei den Strecken ein Mindestgeschwindigkeitsschnitt, der zu fahren war. 55km mit einem 25km/h Mindestschnitt, 100km mit 26km/h und die 155km mit 31km/h. Und wenn jetzt einer meint, ist kein Problem, bei den Fischköppen in Hamburg ist eh alles flach….VERGISS ES! Ich sag nur Harburger Berge! Hab ich mir auch erst gedacht; da legst Dich auf Dein Aerolenker und dann geht’s dahin. Nix da! Keine Aero-/Triathlonlenker bei Radrennen. Also runter mit der geliebten Sofalehne auf dem Lenker.
Hamburg lebt! Also hier ist schon mal alles ganz anders als in München, wo die Gehsteige um 01:00 Uhr hochgeklappt werden. Das gibt es in Hamburg nicht. Und auch die Cyclassics sind mit einem riesigen Drumrum aufgezogen worden. Hier ist alles durchorganisiert und perfekt geplant. Hut ab, ihr Nordlichter, das muss man erst mal bei ca. 35.000 gemeldeten Teilnehmern und ca. 800.000 erwarteten Zuschauern in den Griff kriegen. Die Zahlen sind aus dem Internet und mitgefahren sind effektiv ca. 23.000 Radler.
Die Wahl des Verkehrsmittels für die morgendliche Anfahrt am Renntag viel bei uns auf die S-Bahn. 05:45 Uhr! Grausam! Hierbei kam dann auch mal kurz Hektik und Unfriede auf. Der Hamburger-Verkehrs-Verbund hatte anscheinend geschlafen und nicht mit den paar Leuten gerechnet die an den Cyclassics teilnehmen oder zuschauen wollten. So kam der Zug mit lächerlichen drei oder vier Wagons, die nach drei Stationen vollgestopft mit Leuten und Rädern waren. Viele mussten vor verschlossen Wagentüren stehen bleiben, weil die Leute schon zwischen Pedalen und Speichen nach Festhaltemöglichkeiten suchten. Da wurde auch der Zugführer dann etwas pampig und tat über Lautsprecher kund, dass er doch nach Stunden und nicht nach gefahrenen Runden bezahlt würde und die Leute sich nicht so anstellen sollen. Naja, so „kühl“ sind die Nordlichter dann doch nicht. Zeigen sie auch Emotionen.
Was hier im Wagon schon neben uns stand war schon erstaunlich. Vom jungen, aufstrebenden Wilden mit einem Alles-Carbon-ich-bin-sau-teuer-Rad, bis zum alten, zähen Haudegen, mit braungebrannter, faltiger, aber rasierter Haut an der Wade, der sein altes Bianchi Rennrad aus dem Keller gezogen hat. Toll, was hier alles mit dabei war. Petra war richtig nervös und meine Nervosität begann, als wir in Hamburg ankamen und ich die ganzen Menschenmassen sah. „Was geht denn hier ab“, dachte ich mir. Die komplette Innenstadt war, wegen dem Radrennen, für Autos gesperrt. Das war dann doch etwas anders, als bei einem regionalen Triathlon. Petra und ich trennten uns, da jeder in einem anderen Startblock starten musste und noch die Startbeutel mit den Klamotten abgegeben werden musste.
Petra war überwältigt von den vielen Leuten, die zeitgleich in ihrem Block starteten. Gemeldet hatte sie sich eigentlich für den „Frauenblock“. Aber von der „Emanzenstartgruppe“ war nicht viel zu sehen. Die haben sie einfach in einen „normalen“ Startblock integriert. Und schon fast unterkühlt mit „Erpel-Pelle“ auf der Haut von den niedrigen Morgentemperaturen, startete sie in ihr Rennen. Sie machte ihre Sachen von Anfang an gut. Ging nicht zu schnell an, ließ sich von den Anderen nicht mitreißen und fuhr ihr Tempo. Dass sie dabei, in ihrem Rennen einen knappen 27er Schnitt fahren würde, damit hab ich nicht gerechnet. Respekt, mein „Kettenluder“ Peti! Die Zieleinfahrt auf den letzten Kilometern war für sie überwältigend. „Emotionen die einfach raus müssen“, so beschrieb sie es. 1000de von Zuschauern, die lautstark anfeuerten. Ich war sehr stolz auf sie, vor allen Dingen, weil sie erst das dritte oder vierte mal auf einem Rennrad saß. Leider hab ich ihre Zieleinfahrt nicht vor Ort bejubeln können, was für mich persönlich der einzige Wehrmutstropfen des Tages war.
Auch ich hab vor dem Start meinen (Turn-)Kleiderbeutel abgegeben und bin zu meine Startblock gerollt. Startblock „S“. Der letzte Startblock der gesamten Cyclassics. Toll! Ich hatte keinen Bock, so dicht vor dem Besenwagen loszufahren. Immer dieser Druck… Aber was hier für Menschenmassen waren. Das kann man sich nur schwer vorstellen. Pro Startblock tausende von verrückten Pedalofreaks. Da stehst Du wie in der ersten Reihe bei einem Teenie-Konzert von One Direction. Dicht gedrängt, keiner kann freiwillig umfallen. Lockerer Plausch mit dem Nachbarn. Kontrolleure, die sich darüber muckierten, dass ich ein Startnummernband benutze und nicht die Startnummer mit den dafür ausgegebenen Sicherheitsnadeln in die Haut tackern möchte. Tja, so warteten wir auf den Start, der mit etwas Verspätung dann auch kam. Man wünscht sich noch Glück und viel Spass und dann ist die „Freundschaft“ schon wieder vorbei. Ein paar hundert Meter waren es bis zum Startbogen, ab dort begann die Zeit zu ticken. Nach der Startlinie zogen die Jungs an und ich mit. Petra war hier anscheinend wesentlich klüger als ich, ließ ich mich doch in den ersten Gruppen mitziehen. Ging aber auch ganz gut im Pulk…soweit…. Nach ca. 15min blickte ich mal auf den Tacho: 50km/h! Das war viel zu schnell! Das war kurz vor der Kohlbrandbrücke. Wer Hamburg kennt, kennt auch diese Brücke. Ein ziemlich mächtiges Bauwerk, das über einen großteils der Hafenanlage führt. Und glaubt mir, der Hafen ist riesig! Die Brücke ist für Autos in diesem Tag gesperrt, extra für die Cyclassic. Die Steigung fängt moderat an und nach einem Drittel des Bauwerks stellte ich nach einem Blick auf den Tacho erneut fest, dass ich diesen luftigen Highway gerade mit 30km/h bezwingen wollte. Sofort die Handbremse rein! Viel zu schnell! Wenn ich so weitergefahren wäre, dann hätte ich nach 20km an einem Hafenimbiss ein bis drei Fisch-Schribben-Brötchen mit Alsterwasser reinschrauben können und wäre wieder zurückgefahren. Nachdem ich ja alles andere als die Kletter-Gams auf dem Radl bin, (natürlich auch nur unwesentlich durch meine natürliche, starke Hangabtriebskraft begründet) fuhr ich im gemäßigten Tempo bis zum Scheitelpunkt der Brücke und nahm dann Fahrt auf. Vor mir hatte sich das Feld „entzerrt“, oder sagen wir so, die Guten waren schon lange weg, da konnte ich es krachen lassen und bin mit 80km/h die Brücke runter. Für irgendwas muss ja die Korpulenz gut sein. So langsam kam der Spass auf.
Leider war zehn Kilometer später ein trauriger Moment. Wegen einem Sturz, mussten wir teilweise sogar anhalten. Ich hatte drei Fahrer gesehen, die es erwischt hatte. Alle drei sahen nicht gut aus, bei einem wurde sogar reanimiert. Da kommst du natürlich schon in’s Grübeln, bei so vielen Hobbyfahrern, die teilweise noch nie in einer Gruppe gefahren sind, kann es schon sehr gefährlich sein im Pulk zu fahren. Hier dachte ich wieder an Cesenatico, wo ich sehr viel über das Gruppenfahren mitgenommen hatte und jetzt froh darüber war. In diesem Moment fiel auch meine Entscheidung mich keinem Feld anzuschließen und mein Rennen alleine zu fahren.
Jetzt wieder zu meinen lieben Hanseaten. Vergesst alle Klischees, die ihr gehört habt. Diese Leute sind wirklich top drauf. Da werden neben den Häusern, an der Straße die Tische aufgestellt und gedeckt und während mit dem Nachbarn gefrühstückt wird, werden die vorbeikommenden Fahrer lautstark angefeuert. Egal, ob mit Trillerpfeife, Vuvuzelas, Ratschen, Hupen…eine alte Frau saß sogar mit einem Bongo in ihrer Hofeinfahrt und hat mit fast schon beschwörender Unrhythmik die Fahrer trangsaliert. So geht das über die gesamte Strecke.
Bei Kilometer 31 war dann Schluss mit Lustig, da begann dann die „Kärtner Bergwertung“. Tatsache! Ein hügeliger Streckenabschnitt, der auf einen kleinen Berg führte, an dem die Zeit genommen wurde. Natürlich hatte ich da keine Ambitionen mit zu Sprinten. Bin ich der Bergkraxler?! Trotzdem feuerten die Zuschauer jeden an. Man bekam immer eine Meterangabe, wie weit es noch bis zum Gipfel ist, auch wenn hier die Schätzungen eher grob komplett daneben waren.
So zog sich die Strecke hin und bei Kilometer 60 waren meine Trinkflaschen leer. Beherzt blieb ich nach einem kurzen „Schnapper“ bei einer jungen Familie am Tisch, seitlich an der Straße stehen und grüßte mit dem ortsüblichen „Moin Moin“. Mit bayerisch brauchst du da nicht anfangen, dass gibt sofort Probleme mit der Verständigung. Jedoch konnte ich meine Herkunft anscheinend nicht verleugnen, denn ich wurde sofort gefragt: „Bist wohl aus Bayern, wah?!“ Und schon drückte man mir eine Flasche Pils in die Hand und die Frau des Hauses füllte meine Flaschen auf. „Soll ich Dir lieber ein Weizenbier aufmachen?!“, fragten sie mich und ob ich noch was zum Essen möchte…Ja, so sind sie tatsächlich, die Hamburger. Nachdem ich das Pils gleich mal bis zur Hälfte weggekippt hatte, hab ich mich wieder verabschiedet von diesen netten Völkchen, die mich gerne noch länger bewirtet hätten, aber ich wollte ja auch irgendwann in’s Ziel kommen. Mein Schnitt war sowieso schon im Bereich der Schneckenscala. Wow, hat das Pils reingehauen! Ist vielleicht als Durstlöscher nur bedingt zu empfehlen.
Zehn Kilometer später kam die Verpflegungsstation. Die einzige auf dieser Strecke. Hier ließ ich mir ein paar Orangenscheiben schmecken und ein Stück Banane, füllte meine Flaschen wieder mit einem grausam schmeckenden Iso-Getränk und fuhr wieder los. Auch hier ließ ich mir Zeit, mittlerweile war mir der Schnitt egal. So verbummelte ich mindestens 5min an der Verpflegungsstelle und dann ging’s auf die letzten 30km. Ja, und was soll ich sagen! Jetzt kam meine Zeit. Ab Kilometer 75 überholte mich bis in’s Ziel keiner mehr. Das Obst war anscheinend mit EPO gegossen oder getränkt worden. Also richtiges Radfahrerobst für den ambitionierten Fahrer. Was ging es mir jetzt gut. Hatte leichte Beine und überholte massenweise Leute, die offensichtlich keine Körner mehr hatten. Viele der Magermilchkrüppel auf ihren Top-Edition-Luxus-Räder, fielen mir zum „Opfer“. Vielleicht war auch das halbe Pils daran Schuld. Aber nicht, dass jetzt jeder denkt, ich schütt mir vor jedem Wettkampf ein Fässchen Pils ein.
Die letzten zehn Kilometer wurde es noch mal richtig ekelhaft am Rad. Gegenwind! Vor allen Dingen neben dem Hamburger Hafen, an dem man einige Zeit vorbeifahren musste. Viele gaben so nah vor dem Ziel auf, saßen am Gras neben der Straße und konnten nicht mehr. Unglaublich! Auf einer langen Geraden am Hafenbecken fuhr ein vierköpfige Gruppe vor mir. Hinter denen wollte ich mich reinhängen. Mir fuhren sie dann doch zu langsam und so fuhr ich vorbei. Der letzte von denen sah aus, als wenn ihm Teile der Verpflegungsstelle wieder aus dem Gesicht fallen würden. Die Jungs waren platt. Der Vorderste meinte nur, dass er das nicht glauben kann, als ich an ihnen vorbei fuhr und ich forderte sie auf, sich hinter mir rein zu hängen. Kann ich auch verstehen. Ein 911er Porsche wird in der Regel auch nicht von einem LKW überholt! Ein paar Minuten haben sie mitgehalten, dann waren sie nicht mehr zu sehen…die 911er…
Aber ich war auch nicht mehr so leichtfüßig. Mir brannten die Fußsohlen überhalb der Klicker. Das tat höllisch weh. Jetzt wurde ich doch ein bischen zum Weichei. Mußte desshalb auch immer wieder die Beine ausschütteln und das fünf Kilometer vorm Ziel. Peinlich! Dann war er da, der Innenstadtbereich. Die letzten 1, 5km gingen durch die abgesperrte Innenstadt, vorbei an den anfeuernden Leuten. Kurz vorm Ziel fuhr ich so schnell, dass vor mir und hinter mir genügend „Luft“ war. Ich wollte es genießen und dachte sofort daran nächstes Jahr hier wieder zu starten. Petra empfing mich gleich nach der Ziellinie und ich freute mich auch so für sie. Sie hatte ein Dauergrinsen im Gesicht und ich wollte nur noch meine Schuhe ausziehen…
Die „harten“ Fakten:
Petra kam, beim 55km Rennen, auf Platz 1116 gesamt, 439 (AK) mit einem 27er Schnitt. Ich schaffte es beim 100km Rennen auf Platz 8351 gesamt, 3426 (AK) auch mit einem 27er Schnitt. Auch die „Kärntner Mountain Challenge Bergwertung“ haben wir erfolgreich hinter uns gebracht. Die Eckdaten davon interessieren aber wirklich keinen…

Nächstes Jahr wieder, so viel steht fest. Die Hamburger, die gar nicht so kühl sind wie man immer sagt. Ein perfekt organisiertes Rennen, bei dem jeder zeigen kann was er drauf hat, oder einfach nur mitfahren will, um Spaß zu haben. Eine Stadt, die lebt und mehr als nur eine Reise wert ist. Und….
…35.000 + 800.000 „Verrückte“, die genau das selbe denken.