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Tanja auf Platz zwei beim Zugspitzlauf

Erneuter Erfolg bei Extrem-Berglauf
Grainau. Der Hochkönig-Berglauf war nur ein verschärftes "Training" für das was dann folgen sollte: ein Extrem-Berglauf auf Deutschlands höchsten Berg - 63 Kilometer mit 3000 Höhenmetern. Für die meisten von uns eine anstrengende Zwei-Tages-Tour, nicht so für Tanja Mitkina. Tanja hat sich sehr viel Mühe gemacht und einen sehr ausführlichen Bericht geschrieben der Einblick in die Gefühlswelt dieser Berglaufspezialisten gibt:
Tanja Zugspitzlauf 2016 2
Woher nehmen diese zierlichen Damen die Kraft?

"Teil 1. Vorgeschmack.
Zu diesem weltweit bekannten Ultra-Trail-Lauf (oder besser zu sagen, unvergesslichen Bergerlebnis) hatten wir schon vorher ganz besondere Beziehung, weil wir vor 2 Jahren bei der Siegehrung als Zuschauer sein durften und von meinem Kumpel aus Novosibirsk uns zu diesem Event inspirieren lassen, und vor 1 Jahr haben uns sogar schon angemeldet, aber verschiedene gesundheitliche Probleme haben aus uns wieder nur Zuschauer gemacht. Der Kumpel hat damals an der 100 Km Distanz teilgenommen und ich hatte eine Chance, ihn bei einer Verpflegungsstelle anzufeuern. Das Wetter war letztes Jahr an dem Wettkampftag ununterbrochen regnerisch und kalt, dazu hat es in den höheren Lagen frisch geschneit, sodass die Strecken gekürzt werden mussten. Damals habe ich gesehen, wie stark mental (oder auch verrückt, wie es jeder selber bezeichnen mag) die Leute sein können, trotz des miesen Wetters, durchnässten Kleidung und körperlichen Strapazen.
Zu den angebotenen Distanzen:
Ultratrail mit ca. 101 Km und über 5400 Hm,
Supertrail XL mit ca. 81 Km und über 4100 Hm,
Supertrail mit ca. 63 Km und ca. 2900 Hm,
Basetrail XL mit ca. 39 Km und 1900 Hm und
Basetrail mit ca. 25 Km und ca. 1600 Hm.
Wir haben uns so zu sagen „die goldene Mitte“, den Supertrail ausgewählt, als unsere erste Distanz über 42,2 Km im Leben. 63 Km klingt ja noch vorstellbar – ca. 1,5 mal Marathon laufen , bloß „etwas anderes“ Marathon, was Bodenbelag und Höhenmeter betrifft.
Trainiert haben wir uns dafür eher unsystematisch. Nach dem letzten flachen Marathon am 01.05.2016, zu dem wir uns gut nach einem Plan vorbereitet haben, sind wir öfter in die Berge rausgefahren, um Langdistanzen in Kombination mit Höhenmeter zu sammeln und das Laufen mit dem Trinkrücksack zu lernen, und haben außerdem so ein „alibimäßiges“ Krafttraining in Form von Bouldern 1mal pro Woche absolviert, aber haben keinem besonderen Plan gefolgt. 2 Wochen vor dem Event gab es „Generalprobe“ in Form von kurzen Berg-Traillauf-Wettkampf mit der Vollausrüstung – Speedtrail-Distanz beim Hochkönigman (ca. 23-24 Km, ca. 1400 Hm), leider konnte aber mein Freund da nicht teilnehmen.
Ein Wort zu der Eröffnungszeremonie des Zugspitz-Ultatrails-2016 an dem Vorabend: 2500 Teilnehmer in einem kleinen Musikpavillon in Zugspitzdorf Grainau – das war schon überwältigend. Sehr gerührt hat die Fahnenzeremonie – die Kiddies in Trachten haben mit 50 verschiedenen Länderfahnen (es gab Teilnehmer von 50 verschiedenen Nationen!!!) zu der Bühne marschiert, und jedes Land wurde erläutert. Noch passende Marschmusik dabei – Gänsehaut pur, ich habe ernsthaft Tränen in Augen gehabt! Danach war sehr ausführliches Briefing, alles rundum Streckenmarkierung, Verpflegung, Pflichtausrüstung und Wetterbericht, der für uns, Supertrailies, noch ganz OK war (vormittags leicht bewölkt, ab 11 Uhr immer wieder Regen), aber den Teilnehmer längeren Distanzen leider durchgehenden Regen am Nachmittag und für die Nacht versprach.
Am nächsten Morgen wurden wir, Supertrailies, mit dem speziellen Shuttle-Bus aus Grainau (Deutschland) zu unserem Start in Leutasch (Österreich) gebracht. Beim Einlassen in die Starterschneise wurde wirklich jeder von uns sehr kritisch kontrolliert, vom Aussehen bis zum Pflichtinhalt der Rücksäcken – Trinkblase mit 1,5 L Flüssigkeit, warme Klamotten, Regenjacke, 1-Hilfe-Set, Rettungsdecke, Pfeife, Stirnlampe, beschriftete Riegel und Gels, Becher zum Getränk abfüllen – pi-pa-po…Der ganze Salat hat bestimmt bei uns 2-3 Kilo gewogen, aber dagegen konnte man nicht diskutieren, alles musste zu eigener Sicherheit mitgeschleppt werden. Nicht-Pflicht-Stöcke haben wir auch dann mit dem schweren Herzen trotzdem mitgenommen, das hat sich aber sehr gut ausbezahlt.

Teil 2. Learning bei doing.
Gestartet haben wir um 9 Uhr noch bei strahlender Sonne, mit dem Starterfeld an unserer „Supertrail“ Distanz so um 500 Teilnehmer und passender Musik aus den Lautsprecher „Highway to hell“ von AC-DC
Die Strecke vom Profil her erinnert mich schon seit zwei Jahre an „Vampirengebiss“ – scharfe Zahn mit ca. 1000 Hm am Anfang, dann „flaches“ Stück, wo man trotzdem durch mehrere „Wellen“ doch noch extra 1000 Hm einsammelt, und nach ca. 45 zurückgelegten Km der zweite und somit der noch schlimmere Zahn mit dem letzten 1000 Hm-Aufstieg, wo man schon deutlich weniger Energie zumindest fürs Uphill hat.
Vom Start sind wir relativ flott losgejoggt, aber bald ging es bergauf, und es wurde sehr schnell so steil, dass wir von der Masse überzeugt auch den Trab auf zügiges Gehen gewechselt haben. Hätten wir z.B. nur 10-20-30 Km insgesamt zu bewältigen, könnten wir da, glaube ich, schon joggen, aber diesmal war äußerste Vernunft angesagt. Wo es etwas flacher wurde, haben wir trotzdem noch versucht, wieder vorsichtig zu traben, aber die meiste Mitstreiter haben uns dann ausgelacht, als blutige Anfänger. Sehr-sehr viele hatten die Stöcke ausgepackt, und man hörte das rhytmische und muntere Gezacke rumherum. Nach der kurzen Konsultation mit zwei sehr schnell gehender Teilnehmer, die mich versichert haben, dass die Stöcke wirklich am Uphill helfen, wurde es mir sogar geholfen, diese aus dem Rücksack rauszuziehen. Bald hat es wieder etwas abgeflacht, und wir konnten auf matschigen Pfaden viele Mitläufer überholen.
Der erste Anstieg verging insgesamt sehr kurzweilig, und schon passierten wir die Spitze von dem ersten „Zahn“, Scharnitzjoch. Da gab es sehr schöne Bergaussichten, erste Zelt mit Bergwacht, Photographen und Zuschauer.
Gleich ging wieder steil ca. 1000 Hm runter zuerst über die kurze, lustige und überhaupt nicht gefährliche Schneefelder, wo man rumrutschen konnte, da hat’s sowohl mich, als auch meinen Freund mal hingehauen, danach weiter auf teilweise matschigen und steinigen Bergpfaden und Wiesen, und anschließend auf Schotterwegen. Von Scharnitzjoch runter lief mein Freund sofort 100-200 m von mir fort, da er sehr gute Technik für die steile anspruchsvolle Downhills hat. Ich hüpfte zunächst misstrauisch und wurde wieder von 4-5 Läufer überholt. Dieser lange Abstieg endete dann mit der ersten Verpflegungsstelle am Km 15, wo es mir gesagt wurde, ich sei die zweite Dame. Witzig.
Weiterhin führten uns die Schotterwege nahezu flach oder sogar leicht absteigend in Leutaschtal immer Fluss entlang, man konnte also wieder Gas geben – Beine fühlten sich gut, GPS-Uhr zeigte Geschwindigkeiten unter 5 Min/Km. Wir liefen zu dritt mit einer eingependelten Mannschaft aus einem gesprächigen österreichischen Mann von Mondsee und einem ganz jungen Kerl aus Dänemark, der geschwiegen hat, aber blieb auch in der Gruppe. Kurz vor der Verpflegungsstelle V6 (Km 24) musste man scharf links von der Straße in den Wald abbiegen und einen kurzen, steilen, aber asphaltierten Anstieg bewältigen. An dieser Stelle saß wieder dieselbe Dame von Orgateam wie letztes Jahr, mit der ich vor einem Jahr 2-3 Stunden lang unter dem Regen rumgestanden bin, die Läufer angefeuert und meinen Kumpel erwartet habe. Ich habe diese nette Dame natürlich gefragt, ob sie sich an mich vom letzten Jahr erinnert. Sie hat gelacht und mir viel Erfolg gewünscht. Irgendwie beflügelte mich dieses kurzes Gespräch, sodass ich diesen Anstieg fast gesprintet habe, bei der Verpflegungsstelle schnell ein Iso getrunken habe und weiter los, wieder bergauf auf schmalen Pfad im Wald. Und jetzt war ich plötzlich wieder alleine, die zwei Mitstreiter haben wahrscheinlich an der Labestelle kurzes Päuschen angelegt. Nach dem Wald ging es an dem malerischen Ferchensee Ufer entlang vorbei und dann schon am 29 Km war wieder eine Verpflegungsstelle.
Ab diesem Punkt hatte ich deutliche Müdigkeit gespürt, vor allem wenn es bergauf ging, auch wenn es nicht besonders steil war. Es hat auch angefangen, leicht zu regnen – also die Wettervorhersage hat nicht gelogen. Dieses kleines psychisches und physisches Tief kompensierte ich mit der aggressiven Vernichtung des Riegels mit dem lustigen Name „Energiebombe“ und einer halbminutigen Schimpf-Gehpause.
Danach habe ich angefangen, die Stöcke mehr und mehr bergauf einzusetzen - eigentlich schon sofort, wenn ich merkte, dass ich ohne Stöcke bei dem gegebenen Steilheitsgrad eher wieder gehen würde – es half mir also, weiter zu rennen. So verliefen noch weitere 12 Km. Irgendwann ging erneut bergrunter, ich habe mich wieder aufgerafft und meine Uhr zeigte, dass ich gerade die Marke 42,2 Km passiert habe. „So, ab jetzt wird’s spannend“ habe ich mir gesagt, bisher haben meine Beine diese Distanz noch nie überschritten, und ich war neugierig ab jetzt auf alles, was mit mir passiert.
Erstmal joggte ich unspektakulär weiter bergrunter, auf einem teilweise steilen schotterigen Zickzackweg Richtung Partnachklamm, und traf dabei viele Wanderer in beide Richtungen. Die Meisten waren nett genug und traten zur Seite schon wenn ich mich angenähert habe, nur Wenige waren nicht mit meiner Lauferei offensichtlich zufrieden, aber haben nichts gesagt, nur ängstlich und unfreundlich angeschaut.
Nach der Überquerung von Partnachklamm über die schmale Holzbrücke, wo man kurz die rauschende in dem engen hohen Schlucht Wassermassen bewundern konnte, ging es wieder ordentlich steil rauf, und plötzlich sah ich ein Paar Wegeschlingen höher die erste Dame…


TO BE CONTINUED…"